Die Mitglieder des Schweizerischen Bäckermeisterverbands gründen Pistor als nationale Einkaufsgenossenschaft mit Sitz in Luzern. Anfangs muss Pistor gegen viele Widerstände ankämpfen und sich den Respekt in der Branche hart erarbeiten. In der 100 jährigen Pistor Geschichte hat sich der Betrieb von einer genossenschaftlichen Selbsthilfeorganisation zu einem dynamischen, schweizweit führenden Handels- und Dienstleistungsunternehmen entwickelt.

Firmenereignisse

1916: erfolgreicher Start

Am 27. Juni 1916 gründen die Mitglieder des Schweizerischen Bäckermeisterverbands eine nationale Einkaufsgenossenschaft unter dem Namen «Pistor» (lateinisch für «der Bäcker/der Müller»). Die massgeblichen Initianten sind der spätere Zürcher Regierungsrat Karl Hafner und der Luzerner Bäckereiunternehmer Josef Hug.

1. Oktober 1916: Pistor nimmt die Geschäftstätigkeit auf

Der Geschäftssitz und das Warenlager befinden sich in der Luzerner Altstadt. Erster Pistor Direktor wird Joseph Schmid-Koch. Erster Verwaltungsratspräsident ist der Zürcher Bäckermeister Emil Dolder.

1919: der Direktor schleppt Säcke

Das Pistor Personal besteht aus dem Direktor, fünf «Fräulein», einem Magaziner und einem Hilfsarbeiter. Zur Entlastung des Direktors wird Maria Kottmann eingestellt. Sie bekleidet schliesslich den zweitwichtigsten Posten in der Pistor Verwaltung und erhält im Jahr 1930 den zweithöchsten Jahreslohn nach dem Direktor: 7200 Franken.

1920: neuer Standort beim Bahnhof Luzern

Pistor bezieht ein grösseres Lager an der Güterstrasse beim Bahnhof Luzern. Die Haupteinnahmequelle von Pistor ist das Geschäft mit Vertragskunden.
 

Der Gründungsort von Pistor im Jahr 1916: Das Hotel Hirschen in Zug.
Der Gründungsort von Pistor im Jahr 1916: das Hotel Hirschen in Zug.

1925: Forcierung Eigengeschäft

An der Güterstrasse 5 in Luzern wird das neue Waren- und Lagergebäude feierlich eröffnet. Den Mitgliedern kann ein grösseres Eigensortiment angeboten werden. Um schweizweit neue Kunden zu gewinnen, beschäftigt Pistor zwei Aussendienstmitarbeiter. Der Fuhrpark besteht aus zwei Fiat-Personenwagen mit Zubehör.

1926: Ausflug in den Getreidehandel

Das erste Pistor Logo zeigt eine Getreideähre und einen geflügelten Helm. Weil viele Bäcker nebenbei Landwirte sind, steigt Pistor in den Handel mit Futtergetreide ein. Das Geschäft ist aber zu spekulativ und wird zwei Jahre später in eine unabhängige Aktiengesellschaft überführt.

1927: neue Pistor Führung

Jost Lütolf wird zweiter Pistor Direktor. Er ist ein Direktor alter Schule und wird das Unternehmen mit sicherer Hand durch die Krisen- und Kriegsjahre führen.
 

Im Jahr 1925 eröffnet Pistor das neue Waren- und Lagergebäude beim Bahnhof Luzern.
Im Jahr 1925 eröffnet Pistor das neue Waren- und Lagergebäude beim Bahnhof Luzern.

1930: schwierige Zeiten

Die wirtschaftliche Depression und der zunehmende Protektionismus der 1930er-Jahre führen auch bei Pistor zu einer Stagnation bei Mitarbeiterzahl und Umsatz.

1938: Experiment Eigenproduktion

Pistor plant, eine Fabrik für Presshefe zu bauen. Heftiger Widerstand von den Hefeproduzenten und der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs sorgen dafür, dass das Projekt auf unbestimmte Zeit verschoben wird. 
 

Die Pistor Belegschaft unter Direktor Jost Lütolf (rechts), 1939.
Die Pistor Belegschaft unter Direktor Jost Lütolf (rechts), 1939.

1941: 25-Jahr-Jubiläum

Mitten im Zweiten Weltkrieg feiert Pistor am 24. Juni 1941 ihr 25-Jahr-Jubiläum im grossen Saal des Kunsthauses Luzern (heute KKL).

1945: Ausbildungsstätte für die Bäckerschaft

Die Fachschule Richemont wird in Luzern eröffnet, auch dank eines Pistor Jubiläumsfonds.
 

25-Jahr-Jubiläumsfeier von Pistor im Kunsthaus Luzern. Auf der Bühne sind Verwaltungsrat, Geschäftsleitung und Mitarbeitende von Pistor, 1941.
25-Jahr-Jubiläumsfeier von Pistor im Kunsthaus Luzern. Auf der Bühne sind Verwaltungsrat, Geschäftsleitung und Mitarbeitende von Pistor, 1941.

1948: Wechsel zur mechanischen Datenerfassung

Pistor schafft fünf elektrische «National-Buchungsmaschinen» an.

1955: Wendepunkt im Detailhandel

Die Zahl der Bäckereien in der Schweiz erreicht mit 8500 den Höchststand. Seither ist sie kontinuierlich am Sinken.
 

Das Pistor Magazin, 1953.
Das Pistor Magazin, 1953.

1958: fester Blick auf das Marktgeschehen

Hans Schneeberger wird dritter Pistor Direktor. Er pflegt einen militärischen Führungsstil und positioniert Pistor in Zusammenarbeit mit VR-Präsident Paul Hug als modernes Dienstleistungsunternehmen.

Pistor Direktor Hans Schneeberger (links) und sein Vorgänger Jost Lütolf, in der Bildmitte der designierte Verwaltungsratspräsident Paul Hug, 1958.
Pistor Direktor Hans Schneeberger (links) und sein Vorgänger Jost Lütolf, in der Bildmitte der designierte Verwaltungsratspräsident Paul Hug, 1958.

1962: Aufbau einer Firmenflotte

Pistor baut eine Firmenflotte auf und beschafft die ersten beiden Camions.

1963: Ausbau von Lager und Infrastruktur

Die Hochkonjunktur der 1960er-Jahre beflügelt Pistor. Um das Liefergeschäft zu erweitern, wird das bestehende Verwaltungs- und Lagergebäude an der Güterstrasse umfassend modernisiert und mit eigenem Kühlraum versehen.

1963: Intensivierung der Kundenpflege

Lancierung des «PISTOR-TIP» als modernes Kundenmagazin für Mitglieder und Geschäftsfreunde.
 

Debitorenbuchhaltung, 1962.
Debitorenbuchhaltung, 1962.

1964: Lochkartentechnik hält Einzug

Um die zunehmende Datenmenge zu bewältigen, mietet Pistor eine IBM-Lochkartenanlage. Zur Schulung wird ein Lochkartenchef eingestellt. Ein neues Logo und farblich vereinheitlichte Preislisten sorgen für einen zeitgemässen Auftritt.

1966: 50-Jahr-Jubiläum

Pistor feiert ihren 50. Geburtstag im Kino Capitol in Luzern, unter anderem mit einem Auftritt des Kabarettisten Emil Steinberger.

1967: Dezentralisierung der Lagerhaltung

Pistor fasst den Entschluss, die Lagerhaltung durch den Bau zweier Depots bei Lausanne und St. Gallen zu dezentralisieren. Eröffnet wird letztlich nur dasjenige in Cheseaux.

1968: Verstärkung in der Westschweiz

Die traditionelle Einkaufsgenossenschaft «Société d’Achats des Boulangers de Genève» wird liquidiert und geht in Pistor auf.

1969: stürmisches Wachstum

Unter Direktor Hans Schneeberger erlebt Pistor ein starkes Wachstum. Drei Viertel aller Bäckermeister sind Mitglied bei Pistor, die bislang höchste Mitgliederzahl beträgt rund 3700.

Die Pistor Wagenflotte, 1966.
Die Pistor Wagenflotte, 1966.

1972: Eröffnung Neubau

Weil das Lager aus allen Nähten platzt, erweitert Pistor ihr Verwaltungs- und Lagergebäude an der Güterstrasse erneut. Somit kann auch das Sortiment weiter ausgebaut werden. 

1973: rotes Kleid, weisse Schrift

Die Pistor Lastwagen fahren in rotem Kleid mit weissem Schriftzug durch die Schweiz, was zu einem hohen Wiedererkennungswert führt.

1974: Experiment Tiefkühlgipfel

Pistor präsentiert eine in der Schweiz revolutionäre Neuheit, einen Tiefkühlgipfel. Traditionell gesinnte Bäckermeister stufen dies als Verrat am Handwerk ein. Trotz langwieriger Versuche in Gefrieranlagen gelingt es nicht, den Hefeteig in der gewünschten Qualität einzufrieren und aufzutauen. Pistor stoppt deshalb die weit gediehene Planung für eine Eigenproduktion.

1975: Forcierung des Liefergeschäfts und Beginn der Diversifizierung

Halten sich bis Mitte der 1970er-Jahre das Vertrags- und Liefergeschäft bei Pistor in etwa die Waage, wird seither der Belieferungshandel immer bedeutender. Ausserdem gründet Pistor im Jahr 1975 die erste Tochtergesellschaft namens «Bako-Service AG» für den Vertrieb und Unterhalt von Bäckereimaschinen.

Ein Pistor Lastwagen bei der Auslieferung, 1980er-Jahre
Ein Pistor Lastwagen bei der Auslieferung, 1980er-Jahre.

1977: Wachstum durch Übernahme

Pistor übernimmt die vereinigte Zürcher und Basler Einkaufsgenossenschaft «ZÜBA».

1978: Generationenwechsel

Dieter Glenz wird der vierte Pistor Direktor. Unter seiner Leitung entwickelt sich Pistor zu einer Marke mit hohem Identifikationswert und zu einer attraktiven Arbeitgeberin.

1979: Entscheid für neuen Standort

Die Pistor Führung entscheidet, den Sitz aus der Stadt Luzern nach Rothenburg zu verlegen. Die Lage ist verkehrsgünstig und es gibt ausreichend Platz für Neubauten – ein strategisch wichtiger Entscheid.
 

Pistor Direktor Dieter Glenz, rechts.
Pistor Direktor Dieter Glenz (rechts).

1983: feierliche Einweihung

Die neue Pistor Verwaltungs- und Verteilzentrale in Rothenburg wird am 12. Juni 1983 feierlich eingeweiht.

1985: Beratung für die Bäckerschaft

Pistor gründet mit der «Proback AG» eine weitere Tochtergesellschaft. Diese hat zum Ziel, die Bäcker und Konditoren bei diversen Fragen beratend zu unterstützen.
 

Eingang des neuen Pistor Verwaltungs- und Lagergebäudes, 1983.
Eingang des neuen Pistor Verwaltungs- und Lagergebäudes, 1983.

1986: Rohstoffe direkt importieren

Pistor übernimmt die Rohstoffagentur A. Rubli & Cie. Diese kümmert sich um die direkte Beschaffung von Rohstoffen aus dem Ausland.
 

Büroalltag bei Pistor, 1980er-Jahre.
Büroalltag bei Pistor, 1980er-Jahre.

1989: Teiglinge im Warensortiment

Dieter Glenz stellt die Weichen für eine schrittweise Belieferung der Gastronomiebranche. Damit erschliesst er ein neues Kundensegment. Auch auf dem Gebiet der Teiglinge und Tiefkühlbackwaren wagt sich Pistor erneut vor, gegen heftige Widerstände aus der Bäckerschaft.

1991: 75-Jahr-Jubiläum 

Pistor feiert ihr 75-Jahr-Jubiläum im Zirkus Nock.
 

Das Pistor Warenlager in den 1980er-Jahren
Das Pistor Warenlager in den 1980er-Jahren

1993: Eigenvertrieb von Investitionsgütern

Pistor übernimmt die Kolb-Holding AG, die auf Verkauf, Montage und Service von Maschinen für Bäckereien und Grossküchen spezialisiert ist. Im gleichen Jahr wird die bisherige Tochtergesellschaft für Rohstoffe, A. Rubli & Cie., in «Fairtrade SA» umgetauft.

1996: neues Kühl- und Tiefkühllager

Pistor baut ein neues Kühl- und Tiefkühllager.
Die Kolb-Holding wird in die «Pitec AG» umstrukturiert. Doch die gesetzten Wachstumsziele lassen sich nicht erreichen.

1998: überraschender Tod von Dieter Glenz

Im Dezember 1998 kommt Dieter Glenz während einer Geschäftsreise am Steuer eines Kleinflugzeugs tragisch ums Leben. Jürg Waeffler wird neuer und fünfter Pistor Direktor und führt die Genossenschaft in eine neue Rechtsform mit Holding-Struktur über.
 

Das neue Kühl- und Tiefkühlhaus von Pistor, 1996.
Das neue Kühl- und Tiefkühlhaus von Pistor, 1996.

2000: das Internet hält Einzug

Die E-Commerce-Lösung «PistorShop», heute «PistorONE», wird lanciert und findet rasch Anklang. So wird das Bestellen deutlich einfacher.

2001: dynamischer dank neuer Rechtsform

Eine grosse Mehrheit der Pistor Mitglieder stimmt für ein Holding-Modell mit den Tochtergesellschaften Pistor AG, Fairtrade SA, Pitec AG sowie Proback AG.
 

VR-Präsident Paul Hug und Pistor Direktor Jürg Waeffler, 2001.
VR-Präsident Paul Hug und Pistor Direktor Jürg Waeffler, 2001.

2002: Startschuss fürs neue Logistikkonzept

Für die Bewirtschaftung des stetig zunehmenden Sortiments benötigt Pistor ein neues Logistikkonzept. Der erste Schritt in diese Richtung erfolgt mit dem voll automatisierten «Kleincolislager».

2003: Konditoren stossen zu Pistor

Die Einkaufsgenossenschaft der Konditoren wird von Pistor übernommen – ein Zeichen der Konsolidierung auf dem Markt.
 

Das im Jahr 2002 eröffnete Kleincolislager.
Das im Jahr 2002 eröffnete Kleincolislager.

2004: Konzentration auf Kernkompetenzen

Pistor verkauft die Pitec AG schrittweise an den vormaligen Besitzer und konzentriert sich somit wieder auf ihre Kernkompetenzen.

2007: neuer Standort in der Westschweiz

In Chavornay baut Pistor ihre neue Verteilzentrale in der Westschweiz.

Verladen von Waren für einen Gastrobetrieb.
Verladen von Waren für einen Gastrobetrieb.

2008: baulicher Expansionskurs

Markus Lötscher wird sechster Pistor Direktor. Gemeinsam mit VR-Präsident Willi Suter stösst er die bislang grösste bauliche Expansion in der Pistor Geschichte an. Das Ziel ist ein weitgehend automatisierter Warenfluss in einer logischen Gebäudeanordnung.
 

Markus Lötscher wird im Jahr 2008 sechster Direktor von Pistor, neben ihm VR-Präsident Willi Suter.
Markus Lötscher wird im Jahr 2008 sechster Direktor von Pistor, neben ihm VR-Präsident Willi Suter.

2010: modernisierte Logistikinfrastruktur

Pistor nimmt das Herzstück des neuen Logistikkonzepts, das Warenumschlagszentrum «WUZ West», in Betrieb. Die Zahl der Artikel kann mit 12 000 mehr als verdoppelt werden. Damit können die Kunden aus der Bäckerei- und Gastronomie-Branche beinahe mit einem Vollsortiment beliefert werden.

2013: Ausbau des Tiefkühlsortiments

Pistor nimmt das vollständig automatisierte Tiefkühl-Center «Ice Cube» in Betrieb und bietet ihren Kunden so noch mehr Frische und Convenience.
 

Das neue Warenumschlagszentrum «WUZ» von Pistor, 2011.
Das neue Warenumschlagszentrum, «WUZ», von Pistor, 2011.

2015: nachhaltig im Transport

Für ihre Lastwagen verwendet Pistor ein umweltfreundliches Hybridkühlsystem mit Flüssigstickstoff. Dieses ermöglicht eine extrem schnelle Kühlleistung ohne Unterbrechung der Kühlkette und Lärmemissionen. Auch der erste Elektrolastwagen kommt zum Einsatz.

Der erste Elektrolastwagen von Pistor, 2015
Der erste Elektrolastwagen von Pistor, 2015.

2016: 100-Jahr-Jubiläum mit Pistor Expo

Pistor feiert das 100-jährige Bestehen mit einem dreitägigen Event und einer Expo für Kunden und Mitarbeitende in der Messe Luzern.

2017: Pistor nimmt ersten 40-Tonnen-Elektro-Lkw in Betrieb

Pistor ergänzt ihre Flotte mit einem weiteren Elektro-Lkw. Dies ist der dritte im Bunde und weltweit der erste 40-Tönner, der ohne CO2-Emissionen fährt. 

2018: Die neue Pistor Welt erleben

Pistor erneuert ihre Webseite pistor.ch, modernisiert ihren Auftritt und schärft ihr Markenprofil.

2019: Pistor liefert medizinisches Verbrauchsmaterial

Pistor nimmt das Care-Center in Betrieb und automatisiert es im Oktober 2021. Sie beliefert zwei Mal täglich das Kantonsspital Winterthur mit medizinischem Verbrauchsmaterial. 

Pistor 100 Jahr Feier
100-Jahr-Jubiläum.

100 Jahre Pistor – vom Lieferanten zum Logistikdienstleister

Wer mehr über die spannende Geschichte von Pistor erfahren möchte:

Bernhard Ruetz: Vom Lieferanten zum Logistikdienstleister, 100 Jahre Pistor, hrsg. vom Verein für wirtschaftshistorische Studien, Zürich, 2016.

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